Einmal mehr neigt sich eine ereignis- und sehr erfolgreiche Saison dem Ende entgegen. Dem Sommer werden wohl die meisten Paddler in wehmütigen Gedanken nachhängen. Davon können auch wir Rostocker Seebären ein Freudenlied singen, denn zum Abschluss der Kurzstrecken ging es für uns bereits zum achten Male an den Pfaffenteich zum Großen Schweriner Drachenbootfestival. Der Große Preis von Schwerin fand seine 25., silbrige Auflage. Ein Vierteljahrhundert Spektakel auf dem Wasser. Von den KfRG Rostocker Seebären einen herzlichen Glückwunsch und vorrausgeschickten Dank zu der Vorzeigeveranstaltung schlechthin, der in Punkto Organisation, Durchführung und Atmospäre in Deutschland so schnell nichts das Wasser reichen kann.

Dem Anlass entsprechend gingen wir sehr gut vorbereitet und hochmotiviert in den Wettkampf. Eine Zielsetzung war schnell ausgegeben - A-Finale auf der 200m-Strecke und eine deutliche Verbesserung des zehnten Ranges aus dem Vorjahr auf der 1000m-Strecke. Dass dieses Anliegen unter keinen Umständen leicht zu bewerkstelligen sein würde, verdeutlichte ein erster Blick auf's Starterfeld, das sich in diesem Jahr wieder gewohnt stark präsentierte. Zu den über 100 teilnehmenden Mannschaften aus dem gesamten Bundesgebiet gesellten sich auch internationale Gäste aus den Niederlanden, Polen und der Türkei. Ein großartiger Umstand, der der Veranstaltung zur absolut verdienten Ehre gereicht.

Am Wettkampfmorgen blieb den angereisten Seebären dann genügend Zeit zu einer vitalisierenden Morgendusche und einem vernünftigen Frühstück, da der erste Vorlauf erst um 10:30 Uhr starten sollte. Zeit, die mit dem Aufbau und Bezug des Teampavillons und einer ersten Inspektion des Arreals gut genutzt werden sollte. Bereit für den sportlichen Aufgalopp begaben wir uns schließlich auf's Wasser des ruhig vor uns liegenden Paffenteiches im Schweriner Stadtzentrum. Lauf Nr. 1 ergab sich aus einer sehr rostocklastigen Ansetzung. Neben uns starteten die beiden Breitlingboote der "Black Sheeps" und der "OSPA-Dragons". Die vorpommerschen "Greifendrachen", die niederländischen "Riverdragons" und das polnische Boot von "AMBER Szczecin" komplettierten den Lauf. Zum Rennen an sich gibt es nicht viel zu berichten, außer dass es zündete wie selten ein Vorlauf bei uns. Mit 2,5 Sekunden Vorsprung auf die "Black Sheeps" und einer Fabelzeit von 47:06 s gelang uns ein Paukenschlag, der auch von den weiteren favorisierten Teams vernommen wurde. Schnellste Zeit nach dem ersten Vorlauf, Setzplatz 1 für das 1000m-Rennen und die Erkenntnis, dass definitiv etwas möglich ist, ergaben sich daraus für den weiteren Rennverlauf. Gute 1,5 h später erfolgte der Start zum zweiten Vorlauf. In diesem Lauf bekamen wir es bis auf die niedersächsischen "HKC Masters" nur mit Teams aus dem schönen Mecklenburg-Vorpommern zu tun. Unsere Freunde und Rostocker Konkurrenten von den "SVB Blue Bulls", die Neustrelitzer "Strelitz Dragons", die Renngemeinschaft "RGapBP" aus Güstrow und die Greifswalder "Greifendrachen" standen auf den Bahnen bereit. Wieder gelang uns ein Start-Ziel-Sieg mit deutlichen 1,5 s Vorsprung, doch wies die offizielle Laufzeit mit 48,36 eine deutliche Verschlechterung zum ersten Lauf auf. In der Addition der Zeiten bedeutete dies Rang drei nach den Vorläufen. Die "Berlin Dragonboat Company", zweiter der Deutschen Meisterschaften auf der 200 m-Distanz, und die polnischen Hauptstädter von "Spojnia Warszawa" hatten uns mit zwei konstant guten Vorläufen den Rang abgelaufen, während sich das "Loveboat" vom WSAP aus Hamburg ganz eng an unsere Fersen heftete. Im Endeffekt hatte dies jedoch keine gravierenden Auswirkungen, denn alle qualifizierten sich deutlich für die Champions-Klasse der besten 30 Teams, die am Sonntag im KO-System ihre Besten ermittelte.

Durch die exzellente Vorlaufzeit blieb nicht viel Entspannung bis zum Start der 1000 m-Distanz. Hier saß ein tiefer Stachel im Seebärenfell, zündete diese Strecke im Vorjahr doch überhaupt nicht. Wiedergutmachung sollte um jeden Preis geleistet werden und insgeheim schielten wir aufs Podium, was für unsere Mannschaft in Schwerin ein Novum dargestellt hätte. Entsprechend eingestellt ging es zum dritten Male auf den Pfaffenteich. Es dauerte ein wenig bis alle zwölf Boote nach den schnellsten Vorlaufzeiten besetzt waren. Beim Warmfahren und kreiseln über den See wurde jedem Einzelnen dann auch schnell bewusst, dass wir die Gejagten der besten Teams auf dieser Veranstaltung sein würden. Das ist ein tolles Gefühl und setzt das nötige Adrenalin frei. Mit dem erarbeiteten Vorteil als erstes Boot und somit kontrolliert starten zu dürfen, versammelten sich alle anderen Teams an der Startlinie, um uns im Abstand von zehn Sekunden zu verfolgen. Dieser Lauf bot keinen taktischen Spielraum. 400 Meter hin zur langezogen Wende und dann 400 Meter zurück zur Ziellinie. Beim Startsignal katapultierten wir uns aus dem Stand auf die Strecke und ein Jeder war aufgefordert, maximalen Druck ans Paddel zu bringen. Für mich persönlich flog die Strecke förmlich vorbei. Ich hatte keine Relation mehr zur Zeit. Das nennt man dann wohl "Im Tunnel fahren". Mir kommen nur noch Nuancen des Renngeschehens ins Gedächtnis. Sehr enge Wende und immer wieder angezählte Maxkraftschläge, um dem Boot alles an potentieller Geschwindigkeit zu entlocken und dann nach 200 m-Endspurt auch schon "DURCH!". Unwissenheit über den Wert der Leistung gepaart mit brennenden Händen und Übelkeit machten den Ausstieg und den anschließenden Weg zur Unterkunft nicht gerade angenehm. Eine heiße Dusche, gutes Essen und die ersten Getränke konnten dem jedoch schnell Abhilfe leisten und langsam stellte sich auch das Gefühl von Zufriedenheit ein. "Es wird schon zu etwas gereicht haben. Zu was? Das wird die Siegerehrung zeigen!"

Dass es am Ende tatsächlich zum ersten Rang reichen sollte, entfachte die pure Freude und Glückseeligkeit. Volle drei Sekunden Vorsprung vor den Warschauer Sportfreunden, vier Sekunden vor den Berlinern und fünf vor den Hamburgern...Unfassbar! Ein großer Traum für die Rostocker Seebären ging endlich in Erfüllung. Acht Teilnahmen und dann ein Konfettiregen bei der 25. Auflage des Schweriner Drachenbootfestivals. Einige haben an der Unterkunft getrödelt und kamen dementsprechend zu spät zur Verkündung. Sie erfuhren die frohe Kunde von vollkommen aufgebrachten Teamkameraden und durch die zahlreichen Glückwünsche der anwesenden Paddelfreunde. An diesem Abend wurde viel gefeiert und beim Feuerwerk der Freude freien Lauf gelassen, einige kleine Tränen im Knopfloch inklusive.

Zum großen Glück vieler Teamkameraden ging es auch am Sonntag erst um 10:45 Uhr zum Zwischenlauf in der Champions-Klasse auf das Wasser. Etwas morgendliche Regenerationszeit kam sehr gelegen nach einer tollen NDR-Party. Zudem war der Zwischenlauf nicht von Pappe. Mit einer unkonzentrierten Leistung hätte dem fest anvisierten Halbfinale schnell und arg ein Riegel vorgeschoben werden können. Mit den "Blues Brothers", den "Wikingern" und den "Flying Turtles" wollten sich gleich drei Schweriner Mannschaften qualifizieren. Der Vorjahressieger vom Barther "Pommernexpress" sowie die Neubrandenburger "AmaZoonas Turtles" sind zudem immer beachtliche und gefährliche Gegner. Zur großen Erleichterung aller Sportler gelang es, das Gaspedal  durchzudrücken und den Zwischenlauf vor den "Blues Brothers" für uns zu entscheiden. Die Zeit war dabei zu vernachlässigen, jedoch mit 48,46 s weder erschreckend langsam, noch als Offenbarung zu bezeichnen. Eine knappe Stunde blieb in der Folge bis zum ersehnten Halbfinale. Also keine sehr lange Pause, was dem Fokus sehr entgegenkam. In diesem vorletzten Tageslauf wurden sieben Bahnen besetzt, da sich die "SVB Blue Bulls" und "Die Winkinger" mit der exakt gleichen Zwischenlaufzeit als bester Dritter für das Halbfinale qualifizierten. Zudem galt es, gegen die "Uckerdrachen" aus Prenzlau, die "Hawlinger" und die "Spreecoyoten", beide aus Fürstenwalde, und gegen einen der Gesamtfavoriten, das "Loveboat" vom WSAP aus Hamburg, zu bestehen. Die  Zeiten wurden generell schlechter, obwohl nun schon am Anschlag gefahren wurde. In einem äußerst knappen Lauf gelang es, die Hamburger mit einer Zehntel auf Rang zwei verweisen, was jedoch sowohl für sie als auch für die "Coyoten" zum Finaleinzug langte. Mit diesem Ergebnis konnten wir die Plicht als erfüllt betrachten. Die Zielsetzung für das große Finale musste folgerichtig die Verbesserung des sechsten Ranges aus dem Vorjahr und nach Möglichkeit eine Bestätigung des bisherigen Rennverlaufes, sprich ein Podiumsplatz, sein. Da in einem Finale jedoch alles geschehen kann, sollte es in erster Linie als Kür eines bisher perfekten Rennwochenendes betrachtet werden. In fünf Läufen war es uns Seebären möglich gewesen, jeden Lauf zu gewinnen. Eine derartige Ausbeute hatten wir in Schwerin noch nie zu verbuchen. In Verbindung mit dem Titel über die 1000 Meter war eine erfolgreiche Teilnahme quasi schon gar nicht mehr in Gefahr.

Hochkonzentriert lagen die sechs Finalisten auf ihren Startpositionen.

 Bahn 1: "Blues Brothers" (Schwerin)

 Bahn 2: "BDC" (Berlin)

 Bahn 3: "Spojnia Warszawa" (Warschau)

 Bahn 4: "KfRG Seebären" (Rostock)

 Bahn 5: "Loveboat" (Hamburg)

 Bahn 6: "Spreecoyoten" (Fürstenwalde)

In knapp 48 s entschied sich, welches dieser ausnahmslos starken Boote den Titel des "Großen Preises von Schwerin" heim bringen würde. Wir erwischten keinen merklich besseren Lauf als zuvor, soviel stand bereits fest. Auch war ganz klar, dass die "Berlin Dragonboat Company" im Finale ernst machte, das Finalfeld dominierte und somit klar und mit vollem Recht gesiegt hatte. Einen großen Glückwunsch von unserer Seite zum Erfolg. Dahinter jedoch sah es alles andere als eindeutig aus. Die unmittelbar folgende Siegerehrung sollte für Klarheit sorgen. Rang sechs ging an die "Sprecoyoten", Rang fünf überraschend an den WSAP und sein "Loveboat". Das wiederum versetzte die "Blues Brothers" in Verzückung, die als Lokalmatadoren die Schweriner Fahne im Finale aufrecht hielten und sich unendlich über den vierten Rang freuten. Glückwunsch, liebe Freunde! Als schließlich auf Rang drei "der Sieger der 1000 Meter" angekündigt wurde, waren die Messen gelesen und das Hoffen und Bangen hatte ein Ende. Rang zwei mit knapp zwei Zehntel Vorsprung ging verdient an die "Spojnia Warszawa". Die Berliner knackten an diesem Finalsonntag als einziges Team noch einmal die 47er Marke und gewannen mit einer 47:62 und somit glasklar mit einer Sekunde Vorsprung.

 

Was bleibt uns von diesem silbernen Jubiläum im großartigen Schwerin? Sportlich mehr, als wir dort je zu erreichen gehofft haben. Mit dem goldenen Rang über die 1000 Meter und dem bronzenen über die 200 Meter rahmen wir die Vierteljahrhundertsfeier für unsere Erinnerungen mehr als würdig ein. Nach einer ausgezeichneten Saison gelang es dem Team auch beim letzten Saisonhöhepunkt nach der Langstrecken-DM und der Smallboat-DM fit und konzentriert an den Start zu gehen. Der Rennverlauf spiegelt den Erfahrungszuwachs deutlich wieder. Hangelte man sich im vergangenen Jahr gerade so ins A-Finale, das, man muss es sagen, aufgrund der WM in Canada deutlich schwächer besetzt war, gelang in dieser Auflage ein relativ souveräner Durchmarsch. Zudem konnte die Schlappe der 1000 Meter im Vorjahr in einen tollen und für uns unvergesslichen Sieg umgemünzt werden. Wir Rostocker Seebären werden dieser großartigen Schweriner Drachenbootveranstaltung treu bleiben, solange sie existiert bzw. wir. Das steht einmal mehr fest. Danke, dass es all die Organisatoren, Helfer und Unterstützer dieser Veranstaltung gibt. Auf die nächsten 25 Jahre und ein goldenes Jubiläum. Eure Rostocker Seebären!

PS: Der Bericht zum Rostocker Herbstrace folgt in Kürze. In der Schreibstube herrscht noch Stau :)