Der Mecklenburger und sein enger Verwandter, der Pommer, seien sture Hammel, sagt man. Neuem gegenüber sehr aufgeschlossen, solange es nichts Gewohntes verändert, sehen wir in ihnen kein redseliges Völkchen, aber wer will schon Mundfaulheit von Geschwätzigkeit scheiden? Alles in allem seien es Menschen, die sich auf Tradition und das Bekannte verstehen, landläufig gesprochen. Traditionell fährt man daher im schönen Rostock alljährlich das berühmte Langstreckenrennen, organisiert von den Kanufreunden des Rostocker Greif e. V. Dieser Wettstreit führt Drachenboote über einen 6.000 m Kurs mit einer Wende. Die stursten unter den Mecklenburgern und Pommern fahren das Ganze in doppelter Ausführung, um auf ihr traditionelleres dutzend an Kilometern zu kommen.  „Per aspera ad astra“ prangt daher auf dem landesherrlichen Wappen der Mecklenburger. Was es damit auf sich haben könnte, erhellt der folgende Bericht.

 

Am Morgen des 06.05.2015 fanden sich 14 Mannschaften auf dem Vereinsgelände der Kanufreunde auf der Holzhalbinsel in Rostock ein, um an einem kühlen Sonnabendvormittag eine Wettfahrt auf der unteren Warnow aufzunehmen. Auch die Rostocker Seebären, die sich in den letzten zwei Monaten mehr als prächtig bei den Kanufreunden eingelebt hatten, gingen bei diesem Klassiker der Frühsaison an den Start. In den vergangenen Wochen trotzten die Paddler Wind und Wetter, um sich auf diese erste und große Herausforderung des Wettkampfkalenders adäquat vorzubereiten. Zu diesem Zwecke legte das Trainingsboot allwöchentlich viele Kilometer zurück, um den Kader „über die rauen Pfade zu den Sternen“ zu führen. Rau gab sich zuweilen nicht nur die winterliche Warnow, sondern auch das Metall im Kraftraum. Aber da, wo keine Arbeit verrichtet, kann auch kein Lohn erwartet werden.

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Boote aus Rostock, Schwerin, Stralsund und Barth tummelten sich an der Wettkampfstrecke und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Das rein mecklenburgische und pommersche Starterfeld in zwei Klassen (6.000 m und 12.000 m) wurde durch die Lübischen unterwandert. Mit dem Lucky Punch und den Wakenitz-Drachen sendeten die Lübecker ihre beiden besten Vertreter in die Hansestadt. Die Klasse über 12 km blieb recht überschaubar, aber hochkarätig besetzt. Der Barther Pommernexpress, die Rostocker OSPA-Dragons sowie der Dragon Club Rostock, die Seebären Uni Rostock und die Wakenitz-Drachen gingen an den Massenstart über den langen Kanten. Nach dem Einschwimmen und einem kraftvollen Start konnten sich die Pommern umgehend vom Feld absetzen, indem sie den Vorteil der äußeren Startbahn nutzten und seitlich ausbrachen. Ein ähnliches Manöver brachte die OSPA Dragons ebenfalls in die Lage sich vom Feld abzusetzen. Im Verband fuhren nun der DCR, die Wakenitz-Drachen und wir Seebären, zunächst auf Rang fünf liegend. Auf den ersten drei Kilometern bis zur Wende beharkten und belauerten sich die Teams. Allen war klar, dass dieses Geplänkel nur durch geschickte und schlaue Wendemanöver entschieden werden könne, da es auf der kräftezehrenden Strecke schwierig sein würde, den unmittelbaren Gegner von der Welle zu schmeißen. Nach der ersten eng gefahrenen Wende gelang es unserem Steuermann ins direkte Fahrwasser der Lübecker zu kommen. Hinterrücks kreuzte er das gegnerische Drachenboot, um mit einigen kraftvollen Schlägen backbords im Windschatten zu überholen. Ein klasse Manöver! Allerdings keines, das der Wakenitz-Steuermann nicht auch im Repertoire hatte. Mit einem ähnlichen Schachzug versuchten die lübischen nun uns zu überrumpeln. Dabei kam es zu einer Berührung unseres Hecks mit dem Kopf der Lübecker. Ein Steuerfehler, den die Seebären nutzen konnten, um sich abzusetzen. Blick geradeaus auf die nächste Strecke und den Dragon Club.

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Nachdem die Rostocker Seebären auf den DCR aufgeschlossen hatten, begann ein neuer taktischer Kampf. Die Strecke kostete Körner. Rau lag der Warnowpfad vor uns, das Sternentreppchen noch gute sieben Kilometer enfernt, der DCR ein großes Hindernis. Im  unablässigen Nahkampf begriffen, gelang es uns mit einigen gewaltigen Zügen vor dem DCR in die zweite Wende zu gehen, die Tom extrem eng steuern musste, um einen Vorteil aus dem Manöver ziehen zu können. Tatsächlich...den nächsten Gegner zurecht gelegt, konnten die Seebären den DCR nach der Wende von der Welle schmeißen und gingen auf die Verfolgung der OSPA-Dragons, die sich allerdings schon weit abgesetzt hatten, da sie und die Pommern seit geraumer Zeit ihr eigenes Rennen fahren konnten, ohne sich dabei in Positionskämpfe begeben zu müssen. Für uns kam es nun darauf an, den rauen Pfad zu meistern, der zum Lohn führen sollte. Weitere sechs Kilometer mussten mit vollster Konzentration gefahren werden, gejagt von zwei starken Gegnern. In guter Seebärenmanier gelang es seltsamerweise Spaß an der Strecke zu finden. Alle Bootsinsassen schienen heiß auf den Zieleinlauf und die Sicherung von Rang drei. Zudem bestand trotz aller Scharmützel die Chance unter einer Stunde Fahrtzeit zu bleiben.

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Zug um Zug, Meter um Meter, Kilometer um Kilometer drängte sich das Drachenboot über den rauen Warnowpfad dem Ziel entgegenspringend. Die Abstände zu den Gegnern wurden gehalten und sogar ausgebaut, sodass der Endspurt angezogen werden konnte. Willenstark und stur, ausdauernd und unnachgiebig wie wir Mecklenburger und Pommern sind, schossen wir auf die Ziellinie zu und beendeten den rauen Pfad auf Rang drei liegend.

Am Ende konnten wir zufrieden sein. Gegen den Pommernexpress und OSPA war nach diesem Rennverlauf kein Kraut gewachsen und somit ging Rang eins verdient an den Express aus Barth (56:17min) und Rang zwei an das Team vom SV Breitling (57:26min). Wir fuhren unseren ersten Pokal für den KfRG mit einer Zeit von 59:04min ein, während sich der DCR auf Rang vier und die Lübecker Wakenitz-Drachen auf Rang fünf einen harten Kampf bis ins Ziel lieferten. Auf der Königsstrecke blieb das Treppchen also fest in mecklenburgischer und pommerscher Hand. Auf den 6.000 m aber konnten die lübischen den heimischen Teams kräftig ins Süppchen spucken. Der Lucky Punch gewann vor den SVB Blue Bulls und dem Team caROtis des KfRG.

Was bedeutet dieses Langstreckenrennen? Zunächst einmal eine erfolgreiche Premiere unter dem Banner der Kanufreunde für uns Seebären. Ferner den „aspera ad astra“, den rauen und steinigen Pfad nach oben. Wir alle mussten uns sowohl sportlich, als auch Abseits des Bootes gerade machen, um das Team in der jetzigen Form am Leben und bei Erfolg zu halten. Der Kampf für eine Sache, für die Sterne, all die Arbeit, die es kostet, ist nie vergebens. Das Langstreckenrennen steht symbolisch für den Weg, den man gehen muss, wenn man Ziele erreichen möchte. Er wird lang und in der Regel beschwerlich sein, sicher...doch macht ihn das nicht gerade so wertvoll? Sind es nicht die Erfahrungen, die uns bessern? Die Seebären aus Rostock sind einen Weg gegangen und kamen an eine neue Heimstätte. Für die herzliche Aufnahme danken wir dem KfRG.

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Tja...und am Ende kann man festhalten, dass die Mecklenburger, die Pommern und selbst die Lübischen ;) feine Leute sind, denn der Sport kennt keine Vorurteile und Grenzen, nur Hingabe. In diesem Sinne traten Mecklenburger und Pommern und Lübische zusammen und taten das, was sie gut können... Paddeln und einarmiges Stemmen. So freuen sich alle Beteiligten auf das Herbstrennen. Das, meine Freunde, ist jedoch schon wieder eine neue Geschichte.  

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